DIe tägliche berufliche Verbindung mit dem Thema Integration brachte die Veranstalter des Diskussionsforums "Integration durch Sport" auf den Gedanken auch mal einen sportlich aktiven aus dem Feld der professionellen Jugendarbeit mit auf das Podium zu holen.
So fragte mich vor einigen Monaten Landeskoordinator Milan Kocian, ob ich diesen Tag gerne ganz praktisch und aktiv unterstützen möchte. Die Zusage fiel mir nicht schwer, die Zusammenarbeit mit der Sportjugend belebt unsere Arbeit vor Ort in nachhaltiger Weise. Ohne diverse Lehrgänge der letzten Jahr hätten wir keine kooperative Zusammenarbeit mit dem TuS Kirchberg und ohne diese hätte es nicht kürzlich die Sterne des Sports gegeben.
Man kann es verkürzt so formulieren: Der Sport bewegt!
Hier folgt nun ungekürzt der Homepage-Eintrag von Dominik Sonndag, Pressestelle Sportjugend RLP:
"Migration soll in Hintergrund rücken" – soziale Arbeit im Sport
muss finanzierbar sein
Das Haus des Sports in Koblenz war der Ort, an den die Sportjugend und der
Landessportbund Rheinland-Pfalz zu ihrem Diskussionsforum "Integration
durch Sport – Anspruch und Wirklichkeit" geladen hatten. Dass die
Veranstalter thematisch ein gutes Gespür hatten und anscheindend den Nerv der
Vereinsvertreter sowie der Politik trafen, bezeugte der sehr gut gefüllte Sitzungssaal.
Gut 80 Vertreter aus Vereinen, Migrationsorganisationen, Ministerien und
Jugendzentren aus dem ganzen Bundesland kamen in die Rheinstadt. Eine besondere
Wertschätzung erteilte die Ministerin für Integration, Familie, Jugend und
Frauen des Landes Rheinland-Pfalz, Irene Alt, der Sportjugend und den
anwesenden Gästen. Sie hatte nicht nur sehr gerne die Schirmherrschaft für
diese Veranstaltung übernommen, sondern sie sprach gleich zu Beginn der
Veranstaltung davon, dass der Sport eine ernorme Integrationskraft besäße und
durch den Dialog Fremde zu Freunden würden.
Staatsministerin Irene Alt
"Der Sport in Rheinland-Pfalz leistet seit 22 Jahren unverzichtbare
Arbeit mit dem DOSB-Programm "Integration durch Sport". Daran sieht
man, dass die Integration ein Prozess ist, der sich ständig Veränderungen
unterzieht und nie komplett abgeschlossen ist", machte Thomas Biewald,
Vorsitzender der Sportjugend, gleich in seinem Grußwort deutlich.
Der Anspruch an die Integration durch Sport wurde an diesem Abend
vielfältig erörtert. Gleichzeitig wurde überprüft, wie die Wirklichkeit in den
Vereinen aussieht. Werden die Sportvereine mit den Aufgaben, resultierend aus
der Migration überfrachtet? Kann ein Verein überhaupt klassische
Integrationsarbeit leisten? Was bedeutet eigentlich klassische Integrationsarbeit?
Was müssen der Sportverband und die Politik vorbereiten, damit Vereine
motiviert werden, sich mit dem Thema "Integration durch Sport" zu
beschäftigen und in ihrem Verein einen höheren Stellenwert beizumessen? Dies
alles waren Fragen, die im Laufe des Abends rege diskutiert wurden.
"Jeder muss sich für Integration einsetzen"
Prof. Franz Hamburger, emeritierter Erziehungswissenschaftler der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz, hielt ein eindringliches Referart. Sein Plädoyer
zum Schluss lautete: "Fragen sie nicht, wo jemand herkommt, lassen sie ihn
oder sie selbst entscheiden, wann er seine individuelle Migrationsgeschichte
thematisieren möchte. So tritt die Migration, die im übrigen auch jeder Mensch,
der von einem in ein anderes Bundesland wandert, mit sich trägt, in den
Hintergrund." Jährlich wandern 95.000 Menschen nach Rheinland-Pfalz ein.
Davon sind lediglich 35 Prozent Personen mit Migrationsbiografie mit Herkunft
außerhalb Deutschlands. "Die Integration ist Aufgabe aller. Von allen die
mobil sind. Wer von Bayern nach Rheinland-Pfalz oder von Rheinland-Pfalz nach
Hamburg zieht, muss sich neu integrieren," führte der Experte in seinem
Vortrag weiter aus.
Schade sei es allerdings, dass in Vereinen gut integrierte Kinder und
Jugendliche anderer Herkunft und mit anderem Glauben mit dem Erwachsenwerden,
häufig die angestammte Sportgemeinschaft verlassen und sich zu ethnisch
homogeneren Clubs hingezogen fühlten. "Der Ansatz ist hier wahrscheinlich
bei der Toleranz und Akzeptanz für kulturelle Besonderheiten zu finden",
erklärte Hamburger.
Man solle auch nicht versuchen alles gleich zu machen. Wenn eine
gesellschaftliche Gruppe mit wenigen Prozentpunkten stärker in Vereinen
vertreten ist, sei das ganz normal. Es werde sich auch nicht gewundert, dass
das 100 Meter-Finale bei den Olympischen und Paralympischen Spielen nicht mit
der gleichen Zeit beendet wurde.
"Integration braucht Zeit und Geduld"
Mit Prof. Hamburger diskutierten im Podium anschließend David Sindhu,
Sozialarbeiter des Jugendzentrums "Am Zug" in Kirchberg, Heiner
Sprau, Vorsitzender des Judo-Sportvereins Speyer und Milan Kocian,
Landeskoordinator des Programms "Integration durch Sport" bei der
Sportjugend. Unter der Leitung des ZDF-Moderators Heiko Bieser entwickelte sich
eine rege Diskussion um Aufgaben, die vielleicht staatliche wären, aber von den
Vereinen bearbeitet werden; um Finanzen für die integrativen Programme in den
Vereinen und um die Weiterentwicklung der Integrationsarbeit. Wo früher der
Schwerpunkt auf Aussiedlern, heute bei Aussiedlern, Ausländern und
sozialbenachteiligten im Allgemeinen zu finden waren und sind, so "wird
die Inklusion von Behinderten zukünftig vielleicht ebenfalls ein offizieller
Teil des Programms Integration durch Sport sein", wünscht sich Mark Solomeyer,
Athletensprecher Special Olympics in Rheinland-Pfalz.
"Integration braucht Zeit und Geduld. Nicht umsonst macht der JSV
Speyer gemeinsam mit der Sportjugend seit über 20 Jahren diese wichtige
Arbeit", ist sich Sprau sicher. "Wenn man es schaffe, mit
gegenseitigem Respekt und Verständnis aufeinander zuzugehen, sei Integration
kein fernes Ziel", sagte Kocian. Als der Tenor auf die finanzielle
Ausstattung der Vereine bezogen auf die soziale integrative Arbeit fiel,
brachte sich Ministerin Alt erneut ein und versprach das Thema
"Bezuschussung der Personalkosten" mitzunehmen und die
Förderrichtlinien dahingehend zu prüfen.
Sportjugend liegt mit Diskussionsthemen richtig
Es war bereits das siebte Mal, dass sich Vertreter aus Sport, Wissenschaft
und Politik zu einem Thema äußerten, das gesellschaftlich betrachtet
interessant ist. Gemeinsam nimmt der Landessportbund, seine Sportjugend und das
DOSB-Programm "Integration durch Sport" die Bedürfnisse von Migranten
und sozial Benachteiligten unter die Lupe. Mit den Erkenntnissen, die am Ende
stehen, können den Sportvereinen vor Ort Hilfestellungen gegeben werden.
Seit 2006 bietet der Landessportbund Rheinland-Pfalz und seine Sportjugend
im Rahmen des Aktionsprogramms „Fit für die Zukunft – Sport verein(t)“ verschiedene
Veranstaltungen an. Unter dem Motto „Sport als Brücke der Integration“ fanden
in den vergangenen Jahren bereits Diskussionsforen statt, in denen die Rolle
des Sports beim Integrationsprozess näher beleuchtet wurde. Mit ihrer
speziellen Themenwahl bewies die Sportjugend in der Vergangenheit immer ein
gutes Gespür. Unter den Überschriften "Armut – eine Hürde der
Integration" (2009) und "Frauen in Not – wie kann der Sport
helfen" (2010) wurden Fragen diskutiert, die kurze Zeit später auch in der
Gesellschaft mehr in den Mittelpunkt traten.
v.l.n.r.: Prof. Franz Hamburger, David Sindhu, Heiko Bieser, Milan Kocian, Heiner Sprau